Von einer Auswanderung, weiteren schicksalhaften Begegnungen, einer Rückwanderung und dem erneuten Plan, unseren Traum doch noch zu verwirklichen

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Wir, dass bin ich (Bernd, mittlerweile 50 Jahre), meine Frau Nicole (48 Jahre), Hannes (unser 10- jähriger Westi) und Hilde (unsere 14-jährige Katze).
Am 2. September war es soweit: Der riesengroße Schiffscontainer parkte direkt vor unserer Haustür und es sprangen drei Mitarbeiter von Mobiltrans Teneriffa/Hamburg aus dem Führerhaus.
,,Hey Leute, jetzt geht's los", sagte Ingo Endter, der Chef. Und dann ging es im wahrsten Sinne des Wortes los. Innerhalb von drei Stunden war der Container mit unserem kompletten Hausstand beladen. Unser Auto wurde von Ingo nach Hamburg gefahren und sollte dort verladen werden.
In ungefähr drei Wochen sollten wir alles auf Teneriffa wieder in Empfang nehmen können. 

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Wir hatten also für diese Zeit, bis auf drei Koffer und unsere Tiere, nichts mehr von unserem alten Leben. Wir haben die nächsten zwei Nächte bei den Eltern von Nicole verbracht und am 4. September ging es morgens um 7:30 Uhr los zum Flughafen. Mit zwei Autos, sechs Erwachsenen, zwei Kindern und zwei Tieren. 

Nach Stunden in der Schlange beim Checkin war der Abschied sehr kurz (was allerdings ganz gut war) eine kurze Umarmung und ein schnelles „Bis bald" musste genügen, da das Boarding bereits begonnen hatte.
Nach 5 Stunden Flug sind wir zwei mit Hannes und Hilde gut aufTeneriffa gelandet und wurden von unseren Freunden erwartet. An unserem Haus (noch gemietet) angekommen, habe ich es das erste Mal live gesehen und meine Begeisterung hielt sich ehrlich gesagt in Grenzen. Wir sollten die untere Etage bewohnen und unsere Freunde die obere. Und wenn die Eigentümer alle notwendigen Papiere zusammen haben, dann wird das Haus mit Grundstück von uns vier zu gleichen Teilen gekauft.
So war der Plan, aber es kam alles anders. 

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Die ersten zwei Wochen verbrachten wir damit, unsere Wohnung für uns einigermaßen bewohnbar zu machen. Es war sehr verdreckt und verwohnt. Also putzten und renovierten wir erstmal von morgens bis abends. Nach drei Wochen kamen, wie versprochen, unsere Habseligkeiten auf Teneriffa an und wir räumten alles ein. 
Am 4. Oktober hatte Nicole ihren ersten Arbeitstag im Krankenhaus Quironsalud in Costa Adeje in der Endoskopie und es hat ihr von diesem Tag an sehr viel Spaß gemacht. Sie hat schnell Anschluss gefunden und wirklich schnell ihr Spanisch verbessert. Mit der Arbeitsgenehmigung von mir gestaltete es sich weiterhin sehr kompliziert und ist als Endergebnis leider auch nichts geworden. Ich machte mir darüber Gedanken, was ich stattdessen arbeiten könnte. Bei Andre auf der Permakultur-Finca mitarbeiten war auch keine Option, denn die funktionierte noch nicht so, dass sie Geld abwerfen würde. Wir kamen aber auch erstmal mit dem Gehalt von Nicole aus, denn wir brauchten davon ja nur leben. Deshalb konnten wir eigentlich noch entspannt sein, aber Andre hatte mit Start seiner Permakultur Finca „Soulfood" seine Schmuck- und Ledermanufaktur geschlossen. Das fanden wir so schade, dass wir mit Andre gesprochen haben und eben diese Manufaktur übernahmen. El mar-sollte jetzt unser gemeinsames Projekt werden, womit wir irgendwann unser Geld verdienen. Dazu später mehr ...

Wir hatten jetzt also unser gemeinsames Projekt, aber es stellte sich kein Wohlfühlen ein, sondern es machte sich eher ein Unwohlsein bei uns beiden breit. Im Gegensatz zu unseren beiden Begleitern, die sich sehr gut eingelebt hatten, fiel es uns eher schwer, zumindestens was den Wohnort betraf. Zum einen lag das wohl an der eher dunklen Wohnung aber auch an der Tatsache, dass wir nach einigen Wochen festgestellt haben, dass sich die Lebenseinstellungen und grundsätzlichen Auffassungen mit deren unserer Freunde nicht auf so engem Raum vereinbaren· ließen. Es ist eben doch ein großer Unterschied zwischen ein paar Wochen Zeit miteinander verbringen und sich vorstellen zu können für eine sehr lange Zeit unter einem Dach zu leben. Wir möchten da auch ehrlich gesagt nicht weiter drauf eingehen, kurz gesagt, unsere Freundschaft hat die Auswanderung nicht überstanden, was wirklich sehr schade ist, denn wir vier hatten uns das alles so ganz anders und toll vorgestellt. 

Erstmal machte sich über diese Erkenntnis große Ratlosigkeit breit und wir wussten nicht wirklich, was wir jetzt machen sollen. Nicole hatte es da ein wenig leichter, denn sie hatte mittlerweile bei der Arbeit wirklich tolle private Kontakte geknüpft, mit denen sie über unsere Misere reden konnte. Das fehlte mir natürlich gänzlich komplett, denn mit den beiden in der Wohnung über uns wollte ich nicht reden und Arbeit hatte ich bis dato noch nicht. Also war ich irgendwie gefangen zwischen Eifersucht auf Nicole und das Gefühl eingesperrt zu sein im eigenen Haus und Grundstück. 

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Da kam es zu unserer ersten schicksalhaften Begegnung. Ich hatte bei Radio Europa eine Anzeige geschaltet und meine Hilfe bei Pflege und Alltagsproblemen angeboten. Auf diese Anzeige schrieb mir Petra, die wie jedes Jahr vorhatte, die Wintermonate mit ihrem pflegebedürftigen Mann Heinz auf Teneriffa zu verbringen. Wir verabredeten uns einen Tag nach ihrer Ankunft und waren uns gleich sympathisch. Von dem nächsten Tag an fuhr ich jeden Tag zu den beiden nach Hause und unterstützte sie bei der Pflege von Heinz. Nach ein paar Wochen sagte Petra, dass sie auch die bessere Hälfte von mir mal kennenlernen möchte und so kam es, dass wir uns öfter getroffen haben und in den beiden nicht nur sehr gute Freunde, sondern auch irgendwie Ersatzeltern gefunden haben, mit denen wir über alle unsere Probleme sprechen konnten. 

Unsere Lebenssituation in unserem Haus spitzte sich immer mehr zu, denn auch unsere Ehe litt sehr unter dem indirekten Konflikt zwischen unseren Freunden und uns. Zum einen, weil ich gar keine Lust mehr hatte, überhaupt noch mit den beiden zu sprechen und zum anderen, weil Nicole krampfhaft versuchte, an der Freundschaft festzuhalten. Ende Januar kamen Nicoles Eltern für 3 Wochen zu Besuch und die Situation eskalierte zunehmend, so dass auch die beiden sagten, dass wir aus dieser Wohnsituation raus müssen, wenn wir uns beide nicht verlieren wollen. Für die Lösung dieses Problems hatte Petra ein Ass im Ärmel, denn sie hatte zu diesem Zeitpunkt eine Wohnung in Playa Paraiso zu verkaufen. Wir schauten sie uns zweimal an und sprachen mit Vladi - Hausmeister des Vertrauens von Petra - wegen anfallender Umbau- und Renovierungskosten. Nach ungefähr einer Woche mit schlaflosen Nächten haben wir uns entschlossen, die Wohnung zu kaufen und von dem Kaufvertrag des anderen Hauses zurückzutreten. Somit hatten wir viele Projekte auf einmal: Umbau der neuen Wohnung, unser neues Baby „el mar„ und eine im Raum stehende Rückwanderung nach Deutschland.

Es stand erstmal fest, dass wir in ungefähr vier Wochen in unsere neue Wohnung einziehen wollten und, dass es zurück nach Deutschland gehen wird, weil ich für mich keine berufliche Zukunft auf Teneriffa gesehen habe. Als wir uns auf den Weg gemacht haben, um auf Teneriffa zu leben, haben wir uns geschworen, dass es auf jeden Fall zurück nach Deutschland gehen wird, wenn sich einer von uns beiden nicht wohl fühlt. Also stand Nicole zu ihrem Wort und plante mit mir und für mich die Rückwanderung, denn sie wollte eigentlich bleiben. 

Nach dem Umzug stellte sich schnell eine gewisse Ruhe in uns selbst und unserer Beziehung ein, sodass ich es eigentlich schon wieder bereute, dass die Rückflüge bereits für Ende Juli gebucht waren und wir bereits eine Mietwohnung (inklusive einer Werkstatt für unsere Leder- und Schmuckmanufaktur „el mar" und neue Arbeitgeber hatten. Meine Frau, die ich sehr liebe dafür, dass sie mich liebt wie ich bin - mit meiner Rastlosigkeit und dem „umwerfen" von Plänen, die wir gemeinsam gemacht haben - hat aber dieses Mal gesagt, dass sie unter keinen Umständen alles canceln wird, womit sie ja absolut Recht hatte. Unsere Kinder, Nicoles Eltern, alle Verwandten und Bekannten freuten sich ja auch schon, dass wir zurückkommen werden. Wir packten also wieder Kartons und einen Teil unserer Möbel zusammen und Mobiltrans kam und holte alles ab, was mit nach Deutschland sollte. Hilde und Hannes haben auch nicht wirklich verstanden, was ihr Herrchen und Frauchen jetzt schon wieder planen, denn die beiden haben sich wirklich sehr sehr wohl gefühlt auf Teneriffa.

Wir haben nochmal Besuch von Nicoles Tochter mit Freund und kurz darauf von Nicoles Eltern bekommen und alle vier haben gesagt, dass sie sich freuen aber glauben, dass wir einen Fehler machen. Nun ja, diese Befürchtung hatten wir auch. Am Abflugtag kamen die Arbeitskollegen von Nicole zum Flughafen und alle Dämme brachen. Es war ein sehr tränenreicher Abschied und Nicole tat mir unendlich leid damit, was ich ihr „angetan" habe. Nach fünf Stunden Flug sind wir vier in Hannover gelandet und Nicoles Kinder und ihre Schwester holten uns mit zwei Autos vom Flughafen ab. Ihre Schwester und deren Mann haben unsere ganze Wohnung für die Ankunft vorbereitet. Neue Küche eingebaut, Wohnzimmerschränke aufgebaut usw. Wenn wir die beiden nicht gehabt hätten, dann hätten wir alt ausgesehen. Das Wetter in Deutschland war großartig warm und wir hatten das Gefühl, dass es uns das zurückkommen leichter machen wollte, aber das hat nicht geholfen, denn wir haben uns nach ein paar Tagen angeschaut und gleichzeitig gesagt: Sorry, aber ich kann hier nicht auf Dauer bleiben. Und als wir am 1. September unsere neue Arbeit im Krankenhaus aufgenommen haben, wurde dieses Gefühl noch deutlich verstärkt. Zwischenzeitlich sind unsere Habseligkeiten auch angekommen und wir haben unsere Wohnung komplettiert. Auch die Werkstatt war fertig eingerichtet und wir arbeiteten in jeder freien Minute um Ketten, Armbänder, Schlüsselanhänger und Gürtel zu produzieren und zu verkaufen. Der Verkauf lief von Anfang an ganz gut aber es stellte sich schnell raus, dass es Schwierigkeiten geben würde wegen der doch deutlich kälteren Temperaturen als auf Teneriffa. Das Gießmaterial für die Kettenanhänger braucht deutlich länger um auszuhärten. Nichts desto trotz haben wir Verkaufsstände bei Bauern- und Weihnachtsmarkt gemacht und das war wirklich erfolgreich. 

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Obwohl „el mar" gut läuft, haben wir uns aber entschlossen, ein weiteres Mal unser Leben nach Teneriffa zu verlegen, weil wir uns in Deutschland aus verschiedensten Gründen nicht wohl und heimisch fühlen. Aus diesem Grund haben wir uns einen Campervan bestellt (voraussichtliches Auslieferfenster im 2. Quartal 2023), weil wir damit Europa erobern wollen und auch unsere vierbeinigen Familienmitglieder abenteuerlustig und reiselustig sind. Wenn also „Helga" unser California Ocean bei uns angekommen ist, werden wir erstmal zum eingewöhnen Wochenendfahrten zu viert in Deutschland machen und im November geht es dann mit der Fähre nach Teneriffa.

copyright Nicole Weisser

Wir werden definitiv in den nächsten zwei Jahren wieder auf Teneriffa leben.
Wie das aber genau aussehen wird, steht noch nicht zu 100% fest. Das Einzige, was bei diesem Plan feststeht ist, dass wir „el mar" auch dort weiter machen werden und es gibt auch schon Überlegungen, was sonst noch ein fester Bestandteil des Geldverdienens für uns beide sein soll. Es bleibt also spannend und wir werden hier definitiv bekannt geben, wann wir wieder auf die Reise gehen und was wir machen. Es wird wohl auch einen Youtube Kanal von uns geben, aber da geben wir früh genug Bescheid, wenn es soweit ist.

Bis dahin sind hier schon mal einige Fotos von unserem ersten Versuch auf Teneriffa zu leben und auch von unseren Produkten, die wir zum Verkauf anbieten.
Wenn einer von euch Produkte von „el mar" kaufen möchte, dann schreibt einfach eine Mail oder eine WhatsApp. Sonderanfertigungen sind kein Problem. Wir können auch Milchzähne, Tier- oder Menschenhaare usw. in die Anhänger oder Chunks einarbeiten.

Liebe Grüße und bis bald
Bernd, Nicole, Hannes und Hilde

Hinweis: Die in dieser Kolumne geäußerten Ansichten und Meinungen sind allein die des/der Autors/Autorin und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten unserer Redaktion wider. Wir übernehmen keine Verantwortung oder Haftung für den Inhalt dieser Kolumne.



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